News Wenn Soldaten an den Verpflegungsposten dienen

Image Wenn Soldaten an den Verpflegungsposten dienen

Für insgesamt 80 Angehörige der Schweizer Armee stellt der Swiss Olympic Gigathlon 2013 eine ungewöhnliche Abwechslung in ihrem Alltag dar. Normalerweise sind die 20-jährigen Männer als militärische Lastwagenchauffeure im Einsatz und in dieser Funktion zuständig für Transporte und Logistik. Am grössten Multisportanlass der Schweiz schlüpfen sie in eine neue Rolle. 16 Soldaten bedienen beispielsweise für einmal Gigathleten mit Sportgetränken, Bananen und Energy Gels.

«Was darf es sein? Isotonisch, Sporttee, Wasser?» Mit hektischer Höflichkeit wenden sich die Soldaten Hänni und Benz an die einfahrenden Mountainbiker, die einen Zwischenhalt an einer offiziellen Verpflegungsstelle des Swiss Olympic Gigathlon einlegen, um neue Kräfte zu tanken. Im Angebot stehen isotonische Sportgetränke, Eistee, Wasser, halbierte Bananen, Riegelstückchen oder Portionenbeutel von flüssigen Energy Gels der Schweizer Firma Sponser Sport Food. «Unsere Aufgabe ist es, jedem Sportler den Wunsch schon bei der Einfahrt von den Augen abzulesen, damit keine Zeit verloren geht», erklärt Soldat Einfeldt. «Wir haben deshalb die Buffettische bereits so aufgestellt, dass gut sichtbar ist, welche Verpflegung wo angeboten wird. Ausserdem rufen wir jedem Sportler nochmals laut zu, wie er fündig wird.»
 

Striktes Recycling-System
Da die meisten Gigathleten eh «Wiederholungstäter» sind, kennen sie den Ablauf an den Verpflegungsposten bereits und strecken den helfenden Händen ganz selbstverständlich ihre Trinkflaschen zu, während sie laut rufend bekannt geben, wodurch sie zu ersetzen ist. Früher wurden an den Verpflegungsposten des Gigathlon Hunderte von neuwertigen Flaschen mit dem aktuellen Flaschen-Logo abgegeben. Dieses Jahr hat man sich entschieden, ein striktes Recycling-System einzuführen. Nathalie Kubli von Sponser Sport Food erklärt: «Je mehr Flaschen im Umlauf sind, desto grösser ist die Gefahr, dass sie von den Athleten fortgeworfen werden.» Um zu verhindern, dass ganze Kuhweiden am Ende eines Gigathlon-Tages mit illegal entsorgten Trinkflaschen tapeziert sind, kriegt nur einen Bidon, wer seinen alten abgibt. Diese werden von eifrigen Kinder oder freiwilligen Helfern, die ebenfalls am Verpflegungsposten mitarbeiten, ausgewaschen und den Soldaten überbracht, die sie neu auffüllen.


Auch die Angehörigen der Schweizer Armee haben ein grosses Interesse daran, dem Littering einen Riegel zu schieben. Sind es doch am Ende sie, welche die Strecke rund um die Verpflegungsposten säubern müssen. «Fötzelen», nennen sie es, wenn sie innerhalb der 500 Meter langen, deutlich gekennzeichneten Verpflegungszone jedes einzelne Papier-Fetzchen, Gel-Tübchen und Papiertaschentuch aufheben und korrekt entsorgen müssen. Wer seinen Abfall ausserhalb dieser Zonen entsorgt, wird gemäss Gigathlon Reglement gebüsst. «Gleichwohl gibt es immer wieder Athleten, die ihre Bananenschale an den Wegesrand schmeissen», erzählt Nathalie Kubli und erinnert sich an zahlreiche Diskussionen, die sie bereits mit Athleten geführt hat. «Eine einzelne Bananenschale fortzuschmeissen, ist natürlich nichts Dramatisches. Aber wenn das auch nur jeder fünfte Gigathlet machen würde, gäbe das ein verheerendes Bild!»
 

Es darf auch mal gelacht werden
Auch die Soldaten wurden beim Verpflegungsposten-Briefing darauf hingewiesen, die Abfallproblematik anzusprechen. «Doch in der Realität haben wir gar keine Zeit für solche Gespräche, seufzt Soldat Benz. «Es ist wie beim Boxenstopp in der Formel Eins. Rein in die Gasse, aufladen, weiterfahren. Meistens läuft es so.» Aber zum Glück nicht immer. Gerade Gigathlon-Neulinge nehmen sich an den Verpflegungsposten noch ausgiebig Zeit und studieren das Angebot sorgfältig. «Am ersten Tag hat beispielsweise eine Dame an der Bike-Verpflegungsstelle nach Schweizer Schokolade und einem Käse-Sandwich gefragt», lacht ein Soldat aus der Romandie in gebrochenem Deutsch. Es dauerte dann eine Weile, bis der Holländerin klar war, dass an den Verpflegungsposten nur Sportlernahrung geboten wird. «Am Ende haben wir herzlich gelacht und der Dame alles Gute auf dem weiteren Gigathlon-Weg gewünscht.»

Dass die Angehörigen der Schweizer Armee jetzt eine Woche lang «Servicepersonal» an den Verpflegungsposten spielen dürfen, daran finden die meisten Gefallen. «Wir stehen an wunderschönen Orten in den Bergen, sind draussen in der Natur und haben nur mässig Stress und viel Freizeit», resümieren sie. «Wenn nur das frühe Aufstehen und Tenue C nicht wären», lachen sie in gespieltem Ernst. Früh aufstehen müssen vor allem die beiden Soldaten, welche als Zweierteam für den ersten Verpflegungsposten des Tages verantwortlich sind. «Wir müssen eineinhalb Stunden vor dem ersten Athleten auf Platz sein, damit mit hundertprozentiger Sicherheit alles fixfertig eingerichtet und jedes Getränkepulver korrekt im grossen Bottich angerührt ist», erklärt Soldat Benz. Eine Vorgabe, die bis jetzt noch jedes Mal erreicht wurde. Etwas anders sieht es beim Tenue C aus. Da nehmen es die Soldaten für einmal nicht allzu genau. «Es wäre schlicht zu heiss, den ganzen Tag im langärmligen, teilweise doppellagigen Militäranzug umher zu hetzen. Deshalb bedienen wir unsere Gigathleten auch im T-Shirt.»
 

Die Gigathleten sehen sicherlich grosszügig über diesen kleidertechnischen Formfehler hinweg. Ihnen ist vollauf gedient, wenn die Durchdiener der Schweizer Armee ihnen einen vollen Bidon reichen und vielleicht noch ein Stück Banane dazugeben.

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