News Super Stimmung am Ende des Feldes

Image Super Stimmung am Ende des Feldes

Vielleicht gähnende Leere, aber auf jeden Fall super Stimmung: Am Ende des Gigathlon-Feldes lassen sich die Athleten von Supportern und Helfenden ins Ziel tragen. Ein Besuch bei der «roten Laterne» des Swiss Olympic Gigathlon ist durchaus zu empfehlen.

Die Vorstellung an einem sportlichen Wettkampf als Letzter unterwegs zu sein, mag den einen oder anderen Athleten etwas stressen. Wochenlang bereitet man sich auf einen Anlass vor, schmiedet Trainings- und Etappenpläne, fertigt Zeit- und Krisentabellen – und plötzlich findet man sich am Ende des Teilnehmerfeldes wieder. Als «rote Laterne», wie die letzten Sportler liebevoll genannt werden. Wie ist das am Swiss Olympic Gigathlon 2013? Mit welcher Einstellung sind die Letzten unterwegs? Herrscht in den Wechselzonen gähnende Leere und betretene Stille, wenn da einer noch hechelnd vom Rennvelo steigt? Sind nur noch orange Helfer da, um der letzten Schwimmerin aus dem Wasser zu helfen?

Jeder ein Held, der es vor dem Kontrollschluss schafft
Die Realität sieht glücklicherweise anders aus. Ganz anders! Wenn die letzten Gigathleten einer Strecke in der Wechselzone eintrudeln, herrscht auf einmal eine Bomben-Stimmung. Da, wo Stunden vorher noch verbissene Wechsel vollzogen wurden, liegt plötzlich ein Hauch von Zirkus-Atmosphäre in der Luft. Immer wieder brandet Applaus auf, laute Bravo-Rufe wechseln sich mit herzhaftem Gelächter ab. Jeder einzelne Gigathlet, der Stunden nach der Masse noch in der Wechselzone einläuft, wird gefeiert, wie wenn er oder sie den Gigathlon soeben persönlich gefinisht hätte. Jeder ein Held, der es vor dem Kontrollschluss noch schafft.

Zugegeben, die Wechselzonen sehen zur dieser Zeit schon etwas verwaist und beängstigend leer aus. Einzelne Verpflegungsstände werden schon abgebaut. Mittendrin aber, in dieser stillen Betriebsamkeit stehen die Entouragen der letzten Athleten: Supporter, Teammitglieder, Helfer und eine erstaunlich grosse Zahl an Zuschauern. Gemütlich plaudernd, völlig sorglos und ohne Hektik. Man fragt sich: Läuft da alles nach Zeitplan? Oder ist wohl dem Athleten unterwegs etwas passiert? Erstaunlicherweise lautet die Antwort meist: «Bei uns läuft alles wie geplant. Wir sind eben etwas langsam und nehmen es gerne gemütlich.»

Anteilnahme, Applaus und Anfeuerungsrufe
Da wäre zum Beispiel das Team of Five «Nobel Biocare 2», dessen Rennvelofahrer aber auch gar lange unterwegs ist. Statt sich zu sorgen, greift ein wartendes Teammitglied zum Smartphone, um den Tracker des Athleten zu orten. Aufgeregt wird gemeldet: «Er steht noch immer an der gleichen Stelle am Berg.» Dieser Aufruf weckt das Interesse der übrigen Fangemeinde in der Wechselzone. Alle nehmen Anteil und meinen trösten: «Er macht bestimmt eine Verpflegungspause oder pumpt den Reifen nach.» Als der Athlet dann endlich eintrifft, wird er von dem kleinen, übrig gebliebenen Grüppchen in der Wechselzone frenetisch gefeiert. Alle klatschen in die Hände, jubeln ihm zu. Was war los? «Unterwegs plagten mich fiese Krämpfe», erzählt der erschöpfte, aber zufriedene Gümmeler den Wartenden. «Erst vorne im Oberschenkel. Und als ich zu dehnen begann, dann plötzlich auch hinten; vom Dehnen.» Grosses, aber herzliches Gelächter ist die Antwort, bevor Anfeuerungsrufe für die letzte Schwimmerin über die leere Wechselzone hallen.

Einen ganz besonderen Applaus hat sich Christian Wenk vom Team «On the Wayve 2013» verdient. Der Tetraplegiker hat den Weg von Chur auf die Lenzerheide auf dem Handbike zurückgelegt. Hier mischen sich nicht nur ausgelassene Begeisterung, sondern vor allem auch grossen Respekt in den Zieljubel der wenigen Wartenden. Peter Wirz, Gründervater des Gigathlon, erkundigt sich ausgiebig bei seinem Teammitglied, wie ihm die Velofahrt ergangen sei, bevor er sich in die Fluten des Heidsees wirft. Von Hektik keine Spur. «Wir wollen dabei sein und in Lausanne ankommen, nur darum geht es. Deshalb esse ich jetzt rasch noch ein Power-Gummibärchen, bevor ich als Weitletzer schwimmen gehe», lacht er und spaziert genussvoll kauend in Richtung See.

Spalier stehende Volunteers
Einer, der am Swiss Olympic Gigathlon 2013 regelmässig ganz am Ende des Felds zu finden ist, heisst Gino. Der Schwimmer im Team «Jäggi und Hafter» geniesst den Sonderstatus und lässt sich von der Tatsache, als einer der Letzten unterwegs zu sein, überhaupt nicht stressen. «Wann erlebe ich das schon, dass die Helfer Spalier stehen und die ganze Wechselzone nur wegen mir applaudiert?», fragt er mit einem Zwinkern in den Augen. Und in der Tat: Als er in Lachen aus dem oberen Zürichsee aus dem Wasser gezogen wird, brandet minutenlanger Applaus durch die Badeanstalt. Badegäste, Voluteers, Sanitäter, Gigathleten: alle stehen da und spenden Beifall.

Etwas anders nimmt sich der Applaus im Etappenziel aus. Je nachdem, zu welcher Uhrzeit die letzten Athleten unter dem Zielbogen einlaufen, wird stürmisch geklatscht oder leise Bravo gerufen. Wer das Pech hat, spätabends und womöglich bei Regen im Ziel einzutrudeln, der muss sich den brandenden Beifall selber ausdenken, liegen doch die meisten Gigathleten oder Zuschauer bereits in tiefem Schlaf und mögen ihre Handfläche nicht mehr aneinander schlagen. In dieser Situation sind die letzten Athleten dann froh um ein paar flockige Sprüche vom Speaker, der sie im Etappenziel willkommen heisst.

Es lohnt sich also durchaus, einmal ganz hinten unterwegs zu sein. Der Gigathlon-Spirit wird auch da offen und ausgelassen gelebt. Wer es am  Gigathlon nicht bis aufs Siegerpodest schafft, um im Applaus der Menge zu baden, sollte sich einmal bis ans Ende des Feldes zurückfallen lassen. Die Begeisterung, mit welcher man in den Wechselzonen empfangen wird, ist unbeschreiblich. Und macht eine Rangierung in den hinteren Rängen mehr als wett.

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